Wenn die „mündigen Bürger“ einer sogenannten „Demokratie“ in überwiegender Mehrzahl einem mythischen Denken anhängen (wie es meistens der Fall ist), dann wird die sogenannte Demokratie zum absurden Theater und zur schlechtesten Art überhaupt, Probleme zu lösen. 

(Ein Schelm, wer jetzt an das griechische Referendum denkt!)

Mythisches Denken: das heißt Lagerdenken. Die anderen da sind die Bösen, wir sind die Guten. Wir müssen zusammenhalten, unser Territorium verteidigen. Wer uns kritisiert, ist ein Feind und muss vernichtet werden. Auf ein differenziertes Bild der Lage haben wir ÜBERHAUPT KEINEN BOCK, da kannst du reden, solange du willst. Denn dann müssten wir uns geistig anstrengen, Geduld aufbringen, und auch dazu haben wir ÜBERHAUPT KEINEN BOCK. Und dann würde uns womöglich unsere schöne Schwarzweißgeschichte von den Guten und den Bösen flöten gehen! Nix da, von wegen „Wir sitzen alle in einem Boot“: Wir sagen nein! Sollen die doch sehen, wie sie selber klarkommen!

Das Ideal der Demokratie ist aber der sogenannte „mündige Bürger“. Das ist der, der gelernt hat, „sich seines Verstandes zu bedienen“, wie mal ein kluger Mann gesagt hat. Er hat das Stadium einer gewissen Rationalität erreicht, einer gewissen Vernunft, einer gewissen geduldigen Einsicht. Er oder sie ist über das Lagerdenken hinausgewachsen. Er weiß, dass es in der Steinzeit vielleicht einmal nützlich war, aber jetzt nicht mehr weiterhilft. Er oder sie weiß, dass wir wirklich alle im selben Boot sitzen! Und deswegen hat er ein neues Problem: Was soll er zu denen sagen, was soll er mit denen machen, die dauernd rumgrölen: „Das Boot ist voll! Wir lassen uns nicht erpressen!“? Seine Vernunft und seine entwickelte Moral sagen ihm, dass sie natürlich auch Insassen des großen Bootes sind, auch Rücksicht und Menschlichkeit verdienen. Sein archaisch-mythischer Impuls sagt ihm aber: „Hau ihnen doch in die Fresse, Mann. Diese steinzeitlichen Scheißtypen mit ihrer unterbelichteten Intelligenz und ihrem infantilen Gehabe!“ Aber das geht ja nicht, das hat er ja eingesehen, das ist moralisch nicht okay und ja leider auch keine Lösung. 

Trotzdem muss er was tun, damit sie ihm nicht auf der Nase rumtanzen. Wie soll er sie in ihre Schranken weisen, ohne dass sie ihm vorwerfen, er sei intolerant und gewalttätig? (Denn das können sie, die Steinzeit-Typen: tricksen, tarnen, lügen und von anderen das verlangen, was sie selber gar nicht können und auch gar nicht bereit sind zu lernen.) Irgendwas muss gegen sie getan werden, sonst machen sie IHN fertig. Ob er will oder nicht, er muss also auch ein bisschen Lagerdenken und Killerinstinkt üben, gerade so viel, dass sie ihn nicht umbringen. (Denn das würden sie tun, macht euch da mal keine Illusionen.) Und die realen Probleme neben dieser Psychokacke müssen ja auch noch angegangen werden. 

Schöne Scheiße. Die infantilen Typen in ihrem Lagerdenken fangen dauernd Streit an und bauen Mist, und die vernünftigen Leute müssen, dauernd attackiert von den Infantilen, die Kastanien aus dem Feuer holen, obwohl sie die Infantilen am liebsten auf den Mond schießen würden. Der Klügere gibt nach, und die Vollpfosten machen dauernd neue Probleme.

Und wir sind mittendrin.